‚freedom is just another word for…‘ – Ostern 2017

… mit diesem Beitrag schrieb ich mich durch Karwoche und Osterfest…:
Habe gerade mal wieder ein Lied im Ohr – wie heißt diese Textzeile aus dem Song, den Janis Joplin damals gesungen hat? …“freedom’s just another word for nothing left to lose…“ Hmm – stimmt das eigentlich? Ganz schön krass, genau genommen. Aber ein gewisser Zusammenhang lässt sich doch nicht leugnen, oder?

Auf den zweiten Blick erscheint das Frei-Sein in genau dieser ‚Freiheit‘ allerdings tatsächlich etwas fragwürdig. Wenn wirklich gar nichts mehr übrig geblieben ist, das zu verlieren wäre, wo bleibt dann noch eine Wahlmöglichkeit?
Kann es Freiheit geben ohne die Freiheit, wählen zu können?

Aber noch mal von vorn.
Also, den Augenblick der Einsicht und des Annehmens, den kenne ich gut: alles, woran ich gehangen habe, löst sich auf, vergeht, zerrinnt mir zwischen den Fingern, liegt in Trümmern. Auch das Gefühl der Leichtigkeit und Befreiung, welches in vielen Fällen mit diesem Geschehen einhergeht, ist mir vertraut – was auch immer mir widerfährt oder ‚mir genommen‘ wird, „ich“ bleibe weiterhin vorhanden. Mit leeren Händen vielleicht, aber unabhängig und losgelöst, als der stille Atem meiner Seele.
Was jedoch ist mit dieser subtilen Bitterkeit, die oft ein wenig im Hintergrund lauert und die nur auf den richtigen Augenblick wartet, sich in meinem Herzen einzunisten? Die auf den Gedanken wartet, dass der Verlust ja schließlich nicht freiwillig geschah….

Ich fühle mich mit dieser Art von ‚Widerspruch‘, der bestehen bleibt, sehr im Frieden.
Das Erleben von Freiheit scheint nicht zugänglich zu sein ohne dieses Gefühl ‚frei-zu-werden-von-etwas‘, unbehelligt und ungebunden von etwas zu sein, das früher einmal Macht über mich zu haben schien.
In meinem konkreten Leben war es in vielen Fällen eine bewusste Entscheidung von mir, eine freie Wahl, mich von einer bindenden oder als unwahr erkannten Angewohnheit, Denkweise, Erinnerung, Identifizierung-mit-… zu lösen.
Oft wäre ich aber auch keinesfalls dazu bereit gewesen; und das Leben musste in liebevoller Härte den entsprechenden Schritt an meiner statt vollziehen.

Hast du, lieber Leser, vielleicht auch schon mal die Hoffnung  gehabt, dass die großen und weitreichenden spirituellen Hinweise und Einsichten irgendwie – ‚harmloser‘ (?)- gemeint sein könnten? Dass sie die Richtung weisen, in die du zu gehen hast, und dass, wenn du ihnen nur brav dort entlang folgen würdest, du am Ende von dem ‚Biss der Erfahrung‘ verschont bleiben könntest?

Dennoch, wie unangenehm ein konkretes Erlebnis auch ausfallen mag, irgendwann hatten wir dem Leben sicherlich unser Einverständnis gegeben,

„freedom’s just another word for“ … die bedingungslose Bereitschaft, alles Vergängliche loszulassen, und das ich-bezogene Anhaften daran aufzugeben, um letztlich die unvergängliche, grenzenlose Freiheit zu finden?

Kein gesunder Geist kann schließlich freiwillig den Schmerz erleben wollen, der eben auch zu den Erfahrungen gehört, die dich immer weiter führen. Zu den Erfahrungen, in denen du dich immer weiter ausdehnst, bis an die äußersten Grenzen. Erst jenseits dieser Grenzen kannst du ganz unzweifelhaft erfahren, dass alle Erfahrungen, auch aller Schmerz, tatsächlich irgendwann in ihren Grenzen zurückbleiben, während du dich so sanft über alle Begrenztheit hinaus in das Unendliche ausdehnst – leicht, schwerelos, befreit.

Erschüttert, warm, ausgebrannt, leer, durchflutet von dem Wissen, dass jede Blume, jede Nähe zu einem geliebten Wesen, jeden deiner Schätze, und alles, worauf du jemals stolz warst, du mindestens einmal freiwillig hergeben oder unfreiwillig verlieren wirst. Nichts wirst du halten können. Alles, was bei Dir ist, wurde Dir vom Leben aus freien Stücken zurück gegeben.
Was Deine Freiheit zärtlich bei Dir hält und umfängt, du hast keinerlei Anspruch darauf – dieser Anspruch ist nicht nur verloren, er hat nie existiert.

Doch obwohl auf diese Weise alles Feste zu Asche verging, tanzt dein ganz eigener Dufthauch über sie hinweg, weht und wirbelt so einzigartig, und tauft den sich anhebenden Sturm mit deinem Namen.

Um das Ganze also zu Ende bzw. bis zum Anfang zu denken, noch ein Vorschlag:
„freedom’s just another word for…“ das tiefe Verstehen, dass ich in einer Welt voller Dinge, Erscheinungen, Erfahrungen lebe, und bei aller Einzigartigkeit dieses ‚ich‘ doch kein Ding, keine Erscheinung, keine Erfahrung ist, sondern ganz und gar frei von ihnen.
Die erlösende Einsicht: wie Farbe und Bild in ihrer Essenz Licht sind, wie Melodie und Lied in ihrem Wesen Klang sind, so sind individuelle Persönlichkeit und Geschichte in ihrer Realität reines Bewusstsein.

Wenn es nie jemanden gegeben hat, dem etwas gehören könnte, wie kann dann etwas existieren, was zu verlieren wäre?
Allein das Bewusstsein selbst gehört ganz und gar seiner Quelle.

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Hartwig

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