Die Küche ist im Leben unserer Familie immer und bis heute der “zentrale Ort” gewesen, Dreh- und Angelpunkt eines ausgesprochen bunten Lebens. Und mit ihr der Küchentisch.
Wieviele ungezählte Stunden haben wir an einem Küchentisch verbracht – auf der einen oder anderen Bauweise dieser unbequemen Küchenstühle sitzend. Immer wieder die Position wechseln, ohne ernsthafte Hoffnung auf eine angenehmere Körperhaltung, und dennoch sitzenbleiben. Tagelang, nächtelang. Reden, zuhören, fühlen, forschen, reden, sich bei der Hand halten, in den Arm nehmen, sich anschauen, schweigen.
In vielen Ländern und an vielen Orten hat schon ein Küchentisch von uns gestanden, so verschieden wie die jeweilige Umgebung – im Bauernhaus, unter freiem Himmel, im Zelt, im Schloss, im Wohnmobil, in der Stadtwohnung, in der Lagerhalle. Und die Kaffeetassen gehören dazu wie die Tischbeine.
Hier haben wir gestritten, dass jeder Gedanke daran vor Schmerz brennt. Hier hat uns die Liebe ihre vollständige Unverletzlichkeit und Unendlichkeit gelehrt. An einem Küchentisch wurde Mathematik, Grammatik, Biologie und Weltgeschichte erforscht und gelernt. Gefilzt, gestrickt, gezeichnet, geschrieben, Projekte entworfen und Geschäfte gegründet – ganz zu schweigen natürlich von geschnittenem Gemüse und Rosetten-verzierten Sahnetorten…
Mit wie vielen Menschen, saßen wir an einem Küchentisch; mit Familienmitgliedern, Freunden, Gästen. Immer wieder wurde er ganz selbstverständlich zum Zentrum und zur Drehscheibe des alltäglichen Lebens. Zum Altar, den Anderen in all seiner Tiefe und Wahrheit entdecken zu wollen. Zum Anlass, Angst und Ego bloßzustellen, sich selber nachzuforschen, frei zu werden von Konzepten und Oberflächlichkeit.
Ein Küchentisch hat auch den ersten Lektionen von ‘Ein Kurs in Wundern’ gelauscht:
“Dieser Tisch bedeutet nichts. Ich habe ihm alle Bedeutung gegeben, die er für mich hat.”
“Diese Kaffeetasse bedeutet nichts. Ich habe ihr alle Bedeutung gegeben, die sie für mich hat”. Vielleicht hat der Tisch ja sogar als erster verstanden.
Der jetzige Küchentisch, auf dessen kalter Kunststoff-Oberfläche im Augenblick meine Stirne ruht, ist in seiner Banalität und Heiligkeit der jüngste und älteste Bruder aller Küchentische zugleich.
Doch nun steht auch noch ein ‘Bruder Küchentisch’ im Internet.
Und Du, lieber Leser und Gast, bist herzlich eingeladen, Dich dazu zu setzen. Magst Du eine Tasse Kaffee? Mit Milch und Zucker? Oder lieber einen Tee? Darjeeling first flush oder vielleicht Kräutertee?
Ruhe Dich einen kleinen Moment aus, komm’ heim zu Dir, und sei willkommen, auf Dein Herz zu lauschen und Wahrheit zu sprechen.